Spiritualität
Wie existenzielle Themen den Weg zur spirituellen Tiefe weisen
Es gibt Momente im Leben, da kann etwas in dir aufbrechen und dir Einblick in eine beängstigende innere Tiefe geben:
Das Leben ist endlich. Auch du wirst sterben. Wir haben nicht alles unter Kontrolle. Es gibt nicht DEN Sinn im Leben. Alle werden uns irgendwann verlassen. Letztendlich sind wir allein. Völlige Freiheit bedeutet auch völlige Selbstverantwortung.
Diese Themen streifen dein Leben normalerweise nur, wenn etwas Schlimmes passiert: Jemand stirbt, eine Krankheit kommt, oder du auf der spirituellen Suche bist.
Manchmal schummeln sie sich ganz subtil in dein Leben, als:
- diffuse Ängste
- innere Leere (obwohl doch eigentlich alles so gut ist…)
- Depression (weil alles keinen Sinn zu machen scheint)
- körperliche Symptome (Verdrängung der existenziellen Themen)
Wenn du durch diese Ängste und Themen hindurchgehst, wächst du über dich hinaus. Im wahrsten Sinne des Wortes: Über dich hinaus - in die innere Freiheit hinein. Und das nennt man: spirituelles Erwachen.
Und von dort erfährst du dich und das Leben plötzlich völlig neu. In Verbundenheit als Liebe, Frieden, Stille.
Unbewusst und häufig unentdeckt gehen viele psychische Krisen auf existienzelle Themen zurück.
Wir erforschen:
welche existenziellen Themen in deinem Leben präsent sind. (z.B. Sinn, Tod, Freiheit, Isolation)
auf welche Weise sie dir Angst oder Unruhe machen
wie die Krise genutzt werden kann, um zu einem erfüllteren, reicheren Leben zu kommen
wie Sinn erschaffen werden kann
warum die Auseinandersetzung mit dem Tod dir einen Schub an Lebenskraft und Freude bringen wird
Zusätzlich setze ich „vertikale“ (siehe unten) Methoden ein mit denen du:
die biografische Ebene verlässt und über dich hinaus zu gehen lernst
dadurch nachhaltig Zugang zu innerer Ruhe und Frieden finden kannst
spirituelles Erwachen erleben kannst (Transzendenz)
Die horizontale und vertikale Richtung der inneren Arbeit
Das sehr Besondere und Einzigartige meiner therapeutischen Ausbildung am Karen-Horney-Institut betrifft das Einbeziehen der Spirituellen Dimension in die Arbeit. Normale Psychotherapie bewegt sich in der Horizontalen, also in die Vergangenheit oder die Zukunft. Transzendenz geschieht in der Vertikalen. In meiner Ausbildung habe ich gelernt, diese beiden Säulen der Heilungs- und Erkenntnisarbeit zusammenzuführen. Dort werden auch die positiven Auswirkungen auf Krankheitsverläufe seit einigen Jahren erforscht. Auch meine Erfahrung ist es, wenn die Spiritualität in der Therapie Beachtung findet, können riesige Ressourcen erschlossen werden. Wenn diese Ressourcen nutzbar gemacht werden, fällt es um vieles leichter, selbst mit dem Schlimmsten zurecht zu kommen.
Die horizontale Ausrichtung
Die Horizontale Ebene ist die Arbeit in der Zeit. Hier finden alle bekannten therapeutischen Prozesse statt. Es ist die biografische Aufarbeitung der eigenen Geschichte, die Entwicklung aller wichtigen Funktionen des Ichs und die Entfaltung des eigenen Potenzials. Hier werden die hinderlichen Einflüsse aus der Vergangenheit bearbeitet, befriedet und verändert, wichtige Fähigkeiten (z.b. Gefühlstoleranz, Bewusstheit, Fokus halten) entwickelt und der Wert des eigenen Seins herausgearbeitet. Diese therapeutische Arbeit ist wichtig und gibt der spirituellen Arbeit den fruchtbaren sicheren Boden, den sie paradoxerweise braucht für die notwendige Hingabe, für die Fähigkeit sich innerlich Fallen zu lassen, so dass das was du nicht bist, sterben kann.
Die vertikale Ausrichtung
Die vertikale Ausrichtung ist die Bewegung in die Tiefe. Die Basis dafür ist ins JETZT zu kommen und zu bleiben. Die Achse der Zeit wird verlassen. Vergangenheit und Zukunft spielen keine Rolle mehr. Dies wird auch die Ebene der Transzendenz genannt. Denn nur im Hier und Jetzt kann dein ‘Wahres Wesen’ hindurch schimmern und all das was du nicht bist transzendiert (also durchdrungen) werden.
Es gibt inzwischen einige therapeutische Interventionen auf der Ebene der Transzendenz. All diese Übungen zielen darauf ab, den Kampf aufzugeben und anzunehmen was ist. Das trifft insbesondere auf die Emotionen zu. Darum ist die Fähigkeit zu fühlen so immens wichtig. Wenn du dich in den inneren Grund fallen lässt, wirst du deinen Ängsten begegnen und auch der Angst vor dem Tod. Je tiefer diese Begegnung angenommen wird und geschehen darf, um so freier bist du. Da viele der psychischen Erkrankungen aus der Unfähigkeit zu Fühlen genährt werden, ist die Bedeutsamkeit der Hinzunahme der vertikalen Bewegung in der Psychotherapie immens. In meiner Arbeit in der Psychosomatik und meiner Privatpraxis erforsche ich die Auswirkungen auf die Krankheitssymptome meiner Patienten. Erste Ergebnisse sind ermutigend. Ich werde hier eingehender berichten, wenn die Arbeit weiter fortgeschritten ist. Im Januar 2019 hat es erstmalig ein Symposium gegeben „Psychotherapie und Transzendenz“, in dem Psychotherapeuten und Ärzte aus dem deutschsprachigen Raum zusammenkamen, Forschungsergebnisse teilten und Hypothesen diskutierten.
Die Psychotherapie kann letzten Endes als spiritueller Weg des Westens angesehen werden und beruft sich dabei auf viele Schriften aus den letzten Lebensjahren Fritz Perls’, Carl Rogers’ und Karen Horneys. Alle diese Gründungsväter und -mütter (Gestalttherapie, Personenzentrierte Therapie, Psychoanalyse und Tiefenpsychologie) sind in ihren letzten Schaffensjahren in Bereiche von innerer Befreiung in der Persönlichkeitsentwicklung vorgestoßen. Dabei wurde es offensichtlich, dass diese Erfahrungen denen vieler spiritueller Schulen ähnelten. Sie hatten es sich daher vorgenommen, die Parallelen des Zen-Buddhismus mit der Psychotherapie zu erforschen. Dazu ist es dann leider nicht mehr gekommen und inzwischen ist diese Tiefe der Psychotherapie fast verloren gegangen.
Es ist doch so: Wir müssen jetzt langsam die Wende schaffen. Die innere Leere, unangenehme Gefühle oder auch existenzielle Ängste mit Krieg und Konsum zu beantworten, wird diese Welt zugrunde richten. Die Bewegung hin zum Fühlen, zur Innenkehr, zum klaren Denken, zum Spüren der Verbundenheit und die Konzentration auf die Gemeinsamkeiten sind die guten Kräfte, die die Welt braucht. Ich denke, das ist der große Beitrag, den die Psychotherapie zum Frieden in der Welt beitragen muss.